Leben sammeln, nicht fragen wozu und warum
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Beschreibung
Band 1 Rückseite Ein Stempel des Arbeiter- und Soldatenrates macht es möglich: Victor Klemperer, gerade den Revolutionswirren und der zerbrechenden Front im Osten entkommen, kann vorläufig in Leipzig bleiben. Aber die ersehnte Rückkehr ins zivile Leben gestaltet sich schwieriger als erwartet. Er möchte endlich wieder arbeiten, Vorlesungen halten - doch wo? Auch in der Beziehung zu Eva, seiner Ehefrau seit 1906, deuten sich Konflikte an. Während er im Buchprüfungsamt Ober-Ost in Wilna Kriegsdienst leistete, hatte Eva in Leipzig Orgelstunden genommen. Ihre Liebe zur Musik weckt seine Eifersucht. Dann bietet München berufliche Hoffnungen: Im Februar 1919 hält Victor Klemperer seine erste Vorlesung nach dem Krieg und gibt Kurse über französische und deutsche Literatur für junge Kriegsteilnehmer. Über die turbulenten Ereignisse um die Münchner Räterepublik schreibt er unter Pseudonym Berichte für die Leipziger Neuesten Nachrichten und erwägt Pläne, zum politischen Journalismus überzuwechseln. Doch bei der Aussicht, eine Professor in Dresden zu erhalten, überwiegt wieder die Freude am Lehren. Nach monatelangem Bangen - einem Wechselbad von Zweifel und Hoffnung - trifft im Dezember die Berufung zum ordentlichen Professor an der Technischen Hochschule in Dresden ein. Band 2 Rückseite Abschied von München und Übersiedlung nach Dresden: Victor Klemperer folgt dem Ruf als Professor für romanische Sprachen an der dortigen Technischen Hochschule. Zum ersten Mal spürte er sicheren Boden unter den Füßen in einer Zeit, in der alles schwankt. Das weiße Dresden im Frühling entzückt beide Klemperers, doch gleichzeitig hegt Victor Klemperer auch Befürchtungen, in Dresden wissenschaftlich nicht genug fordert zu sein. Er stürzt sich mit Vehemenz in die Arbeit, hält eine glänzende Antrittsvorlesung im feierlichen Frack mit Ordensschnalle und geliehenem weißem Schlips, mit Freude seine Kollegs vor den Studenten, Vorträge auf Tagungen und Konferenzen, unermüdlich schreibt er Artikel, Rezensionen, Aufsätze. "Holbeinstraße 131" ist seit November 1920 die neue Adresse - seit fünf Jahren wieder eine eigene Wohnung: geräumig mit Arbeits- und Musikzimmer und Bibliothek. Jetzt können Besuche empfangen, die gesellschaftlichen Pflichten gepflegt werden. Mit Bestürzung bemerkt Klemperer die Zunahme von Korpsstudenten an der Hochschule, die nationalsozialistischen Töne werden lauter und drohender. Band 3 Rückseite Das Jahr 1922 bringt eine Entspannung in die konflikreiche Beziehung Victor Klemperes zu den älteren Brüdern, dem berühmten Internisten Georg und dem erfolgreichen Anwalt Berthold. Der Stachel, sich ihnen gegenüber zu beweisen, sitzt tief. Klemperer hofft, die Dresdner Hochschule gegen eine renommierte Universität tauschen zu können: Wien, Prag oder Würzburg. Doch die Berufungen gehen an ihm vorüber. Klemperer erinnert sich an das qualvolle Warten auf den Ruf aus Dresden - damals ging es um Brot und Leben, jetzt um die Ehre. Dresden wird ihm zu eng, er vermißt ein anregendes geistiges Umfeld. Von den polititischen Zuständen in Deutschland, besonders nach dem Mord an Walther Rathenau, fühlt er sich abgestoßen, angeekelt, und der zunehmende Antisemitismus macht ihm angst. Die Warenpreise erreichen gigantische Höhen, die Inflation überschlägt sich, und das allgemeine Spekulationsfieber steckt auch Victor Klemper an. Band 4 Rückseite Als erste Auslandsreise nach dem Krieg besuchen Victor und Eva Klemperer Bornholm, wo sie in früheren Jahren schon des öfteren waren. Es ist ein Wiedersehen mit der Stätte ihrer Jugend. Diesmal muß sich Eva Klemperer von einer schweren Gallenoperation erholen, Victor von den Anstrengungen seiner unermüdlichen wissenschaftlichen Arbeit, vor allem für seine Geschichte der französischen Literatur. Ihr erster Band erscheint 1925. Dieses Jahr bringt weitere Reisen: zunächst nach Paris, dann acht Wochen nach Rio de Janeiro und Buenos Aires, eine abenteuerliche Fahrt mit dem Frachtschiff "Monte Olivia". Victor Klemperer schließt in seine begeisterte Schilderung eine Liebeserklärung an Eva ein: "die beste, die einzige und ganz unentbehrliche Reisegefährtin, so unentbehrlich wie die Luft". Wieder zurück in Deutschland fragt sich Victor Klemperer besorgt, was aus diesem Land werden solle. Überall trifft er auf das Hakenkreuz. Nicht Freiheit, meint er, sondern Ordnung sei die Losung der Jugend. Band 5 Rückseite Das Jahr 1926 beginnt mit Enttäuschungen, die in der folgenden Zeit nur zunehmen: die vakanten Universitätskatheder, auf die Victor Klemperer hofft, werden regelmäßig an andere Romanisten vergeben. In der Hamburger Universität, so hört er, sei man "überjudet", und er schlußfolgert: "Es gibt reaktionäre und liberale Universitäten. Die reaktionären nehmen keinen Juden; die liberalen haben immer schon zwei Juden und nehmen keinen dritten." Das Reiseabenteuer wird fortgesetzt: mit dem Frachtdampfer "Amalfi" unternehmen Klemperers eine ausgedehnte Spanientour und kehren über Italien zurück. Das große Ereignis, wieder zu Hause, aber ist das Grammophon, für 140 Mark bei einem Grossisten gekauft. Auch ein Reisegrammophon für den Urlaub wird angeschafft - die neue Leidenschaft. Und nun kommt Abend für Abend Besuch ins Haus, man tanzt und ist ausgelassen. Klemperers flüchten schließlich vor der Überfülle an Gästen ins Kino - ihr liebstes Vergnügen -, um allein zu sein. Eva Klemperers Traum vom eigenen Haus scheint Gestalt anzunehmen, doch dann zerschlägt er sich aus Finanzierungsnöten wieder. Statt dessen beziehen Klemperers eine andere, größere Wohnung, und Eva erholt sich von ihrer Depression, bis zu ihrem Unfall, der sie für Monate lähmt. Band 6 Rückseite Als das Jahr 1929 mit einer ungewöhnlichen Kältewelle beginnt, flüchten Victor und Eva Klemperer in den Süden bis nach Sizilien. Die Lust am Reisen hält an: Es folgt eine große Tour, wieder zu Schiff, zum Besuch von Mittelmeerländern. Außerhalb solcher Reisen stürzt sich Victor Klemperer in die Arbeit: "Ich arbeite, wie man säuft." Gleichzeitig zweifelt er am Sinn dessen, was er schreibt, konzipiert, entwickelt. Nachts liest er Eva wieder öfter vor, denn der Einzug des Tonfilms - "eine gemordete Kunst" - hat Klemperers die Freude am Kinobesuch verleidet. Der Trost durch das Kino scheint vorbei zu sein. Eine enge Beziehung wächst mit der Freundschaft zu der Ärztin Annemarie Köhler, die auch die politischen Sorgen Klemperers teilt. Denn die Demontage der Weimarer Republik schreitet fort, achtzig Prozent der Studenten an der Technischen Hochschule sind Hitleranhänger, und Klemperers Furcht vor dem heraufziehenden Nationalsozialismus wird mit jedem Wahlerfolg gerechtfertigt. Dennoch entschließt er sich um Evas willen, trotz ungesicherter Finanzierung, ein Grundstück zu erwerben. Es liegt im Dresdner Vorort Dölzschen, Am Kirschberg 19. Kassette Rückseite Mit einem gefälschten Dienststempel des Wilnaer Soldatenrates entkam Victor Klemperer im November 1918 den Revolutionswirren der zerfallenden Front. Die Rückkehr ins normale Leipziger Leben fällt ihm schwer. Weder im Beruf noch im Privaten gelingt es ihm, Fuß zu fassen. Sein dringendster Wunsch: wieder lehren zu dürfen. Ein Provisorium bietet München, dann endlich kommt der Ruf zum ordentlichen Professor an die Technische Hochschule Dresden. Eine Zeit intensiver wissenschaftlicher Arbeit beginnt, neben der Klemperer minutiös sein Tagebuch weiterführt - "halb ein Muß und halb eine Betäubung". Das Tagebuch wird zum bewahrenden Ort für das, was Klemperer "Leben sammeln" nennt: Notate über Begegnungen und Gespräche, Bilanzierungen seiner Arbeit, Beobachtungen des bürgerlichen Gesellschaftslebens und der Universitätsintrigen, Berichte über seine großen Schiffsreisen nach Brasilien, Spanien, den Mittelmeerländern, sein widerspruchsvolles Suchen in der politischen Landschaft zwischen Revolution, Inflation und aufkommendem Nationalsozialismus. Eine der bittersten Erfahrungen seines Lebens, die ihn bis in die NS-Zeit hinein bewegt, notiert Klemperer bereits 1922: "Deutschland in der Idee und die jetzigen Vertreter dieser Idee ist eben zweierlei." Mit wachsender Zukunftsangst registriert Klemperer die Verfestigung des Antisemitismus seit der Nachkriegszeit, und 1932 gipfelt die Bilanz dieser seismographischen Beobachtungen in der resignierenden Frage: "Und was wird aus mir, dem jüdischen Professor?" von Klemperer, Victor;
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Über den Autor
- Hardcover
- 330 Seiten
- Erschienen 2015
- Gabal
- Taschenbuch
- 192 Seiten
- Erschienen 2017
- Diogenes
- Taschenbuch
- 143 Seiten
- Erschienen 2016
- Verlag Herder GmbH