Der Kutscher Kandl
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Beschreibung
Hermann Lenz war der große Unzeitgemäße der deutschen Nachkriegsliteratur. In den Jahren, da es fu¿r Autoren Pflicht schien, eine politisch engagierte Zeitgenossenschaft unter Beweis zu stellen, beschäftigte er sich mit Stoffen, die um die Jahrhundertwende spielten und private Verhältnisse zu thematisieren schienen. Erst als Peter Handke u¿ber raschend fu¿r Lenz eintrat, änderte sich die Sichtweise auf ihn. Plötzlich erkannte man, daß die Folge der Eugen Rapp-Romane die genaueste Chronik des deutschen Alltagslebens im 20. Jahrhundert darstellte und daß der sanfte Eigensinn der Lenzschen Figuren eine subversive Kraft be saß, die Individualität des Einzelnen gegen die Vereinnahmungsversuche der Gesellschaft zu behaupten. Das Buch, das Handke zu seiner «Einladung, Hermann Lenz zu lesen» veranlaßte, war der 1972 erschienene Roman «Der Kutscher und der Wappenmaler». Es wurde zu dem Werk, das Lenz plötzlich bekannt machte. Seine Entstehung hatte eine lange Vorgeschichte, denn schon 1965 hatte Lenz eine erste Fassung geschrieben, die als Funk-Erzählung konzipiert war. Der Text war jedoch zu lang. Lenz traf die Ablehnung hart, denn es handelte sich um ein abgeschlossenes Werk im Umfang eines Buches. Vier Jahre vergingen, ehe Lenz daraus einen Roman von doppeltem Umfang machte. Wie so oft hat die Erstfassung jedoch den besonderen Reiz des Urspru¿nglichen. Die Handlung, die im publizierten Roman in Stuttgart spielt, ist an Örtlichkeiten angesiedelt, die eher an Wien erinnern. Die Figur des Wappenmalers tritt nur am Rande auf, während der Kutscher Kandl noch ganz im Mittelpunkt steht. Er fu¿hrt in Gedanken hintersinnige Selbstgespräche, in die er auch gern sein Pferd mit einbezieht. Er registriert die verschiedenen Wetter- und Lichtstimmungen in den Straßen, studiert aus dem Augenwinkel die Charaktere seiner Fahrgäste und versucht sich gegen die Demu¿tigungen zu wappnen, denen er in seiner subalternen Stellung ausgesetzt ist. Zugleich findet er jedoch ein inneres Glu¿ck darin, ein Leben im Beiseit zu fu¿hren - ohne den Anpassungsdruck der bu¿rgerlichen Klassen. Ein typischer Lenz-Text, der die Selbstvergewisserungsversuche der Hauptfigur mit liebevollem Respekt nachzeichnet. Dem Text ist ein Essay von Norbert Hummelt beigegeben, der sich seit vielen Jahren mit dem Werk von Hermann Lenz beschäftigt. von Lenz, Hermann
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Über den Autor
Hermann Lenz, 1913 in Stuttgart geboren, studierte Theologie in Tübingen und anschließend Kunstgeschichte, Archäologie und Germanistik in Heidelberg und München. Bereits 1936 erschien ein erster Gedichtband. Von 1940 bis 1946 war er als Soldat in Frankreich und Russland stationiert und kurze Zeit in amerikanischer Kriegsgefangenschaft. Zu seinen Hauptwerken zählen die Romane Andere Tage und Neue Zeit, beide Teil der sogenannten Schwäbischen Chronik, in der sich seine Alter-Ego-Figur Eugen Rapp mit der Situation im Nationalsozialismus konfrontiert und diese detailgetreu schildert. Lenz bewegte sich im Umkreis der Gruppe 47, fühlte sich aber nie Teil derselben. Diese Erfahrung spiegelt sich in seinem Roman Ein Fremdling (1983). Für seine Werke erhielt Lenz zahlreiche Preise, unter anderem den Büchnerpreis (1978), den Jean-Paul-Preis (1995) und den Würth-Preis für Europäische Literatur (1997). Lenz starb 1998 in München.
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